bin immer noch am lesen von den "sternstunden der menschheit" von stefan zweig. leider ist mir manches davon zur zeit etwas zu pathetisch und überhöht, auch wenn die historischen informationen ganz gut rüberkommen und in ihrer drastischen zeichnung recht einprägsam sich ins gehirn filtern.
gestern habe ich mir "das grosse protokoll gegen zwetschkenbaum" zugelegt, ein weiteres buch von albert drach, weil mir die "untersuchung an mädeln" vor ein paar jahren wirklich exorbitant gut gefallen hat. für mich gibt es fast nichts genüsslicheres als polemiken, die sogar auf der sprachwitzebene sich an das polemisierte "hinaufdegradieren". drach ist mit seiner "untersuchung" diesbezüglich sehr weit gegangen, hat sich wirklich dieser menschenverachtenden sprache bedient, die in der justiz ganz normal ist, und dennoch schwingt in dem buch auf subtilste art und weise eben die kritik an diesen ganzen vorgängen genial mit. als ob er "zwischen den zeilen" quasi als oberton seine geschichte erzählen würde.
"der herr karl" von qualtinger/merz habe ich nun wieder einmal im tv gesehen und neuerlich die grösse dieses portraits eines ganz normalen österreichers erkannt, vor allem die sequenz am schluss, wo qualtinger in die kamera sieht und sagt: "schau ma holt wos no kummt, wos sich tuat, wo sich obspüt, net?", in diesem augenblick versammelt sich die ganze schrecklichkeit dieses menschen, der in uns allen steckt.
da ich gerade von stefan zweig seine "sternstunden der menschheit" lese und mich das vorwort wieder einmal persönlich berührt hat, will ich an dieser stelle zum thema nehmen, wie wichtig und wertvoll doch im leben diese seltenen momente sind, die sich von zeit zu zeit aus dem täglichen einerlei der immerähnlich dahin sich schleppenden tage wie wellenkämme emporheben. so etwa, wenn ein mensch, den man verschollen glaubte, nach sieben jahren in der ferne an genau einem tag im jahr, der in der erinnerung an prominenter stelle im kalender markiert ist, wieder in einem gespräch nahe ist, und es scheint als ob die zeit dazwischen nie verstrichen, als ob "nichts" passiert sei. aber auch die scheinbar sich einerlei dahinquälenden "durchschnittstage" sind voll von derartigen wellenkämmen, es fehlt uns oft nur die fähigkeit, die höhepunkte jedes tages, jeder stunde, ja, jeder minute zu sehen - denn schon in der farbe des himmels, im glitzer eines tautropfens, im rot der aufgehenden sonne steckt jeden tag ein solcher "wertvoller moment", der uns gemahnt an die schönheit des lebens selbst, in welchem wir unsere zelte aufgeschlagen haben, in welchem wir wohnen. in welchem wir uns bewegend still ruhend befinden.
ich bin ein glückspilz, denn ich kann mir das wohnen leisten.
wenn ich - wie heute - in den nachrichten höre, dass sich eine frau während der delogierungsexekution aus dem fenster stürzt, dann wird mir dieser umstand besonders drastisch vor augen geführt. die preise am wohnungsmarkt sind eine soziale katastrophe: es passiert nicht wenigen menschen, dass eine grössere ausgabe im haushalt (kaputte waschmaschine, rohrbruch) zum privatkonkurs führt, weil mann/frau sich die miete dann nicht mehr leisten kann. wenn ich mir ansehe, für welche LÖCHER schon 500 euro miete verlangt werden, dann frage ich mich, wie sich das mit manchen löhnen ausgehen soll.
es ist höchste zeit für ein neues mieterschutzgesetz und für eine drastische reduzierung der mietkosten (wucherverbot).