nachdem dogville mich damals ja schier aus den socken geworfen hat, konnte ich mich gestern definitiv nicht zurückhalten und musste mir selbstverständlich die fortsetzung der trilogie, manderlay, im kino ansehen.
und wieder war das selbe, für mich als zuseher sehr bewährte, konzept umgesetzt worden, auf den üblichen schnickschnack und effektwahnsinn des kinos zu verzichten. wieder spielte alles auf einer bühne im studio, und es war neuerlich möglich, die physiognomien und die beziehungen der personen zueinander intensiver wahrzunehmen als bei den meisten anderen filmen.
für manche stellte sich ja schon bei "dogville" die frage: ist das kino? - oder ist das theater?
m.e. ist das eindeutig kino: es wurde auf das subtilste mit farben gearbeitet, die dunkelheit war fast spürbar, wenn sie nur zaghaft farben freigab, und die komposition der einzelnen kapitel schlug auf das eloquenteste den bogen zwischen dem medium film und der modernen malerei. es gibt kaum filme, die die ästhetik der modernen malerei mitschwingen lassen, aber bei den filmen von lars von trier (vor allem bei dogville und manderlay) erinnere ich mich an francis bacon, an andy warhol, an roy lichtenstein und auch an kurt schwitters. bei den meisten filmen ist ja die klassische malerei die stärkste referenz, besonders was die komposition angeht.
die selbe kompromisslosigkeit, wenn es um die umsetzung von geschichten und widersprüchen in der menschlichen natur geht, die moralische zwickmühle, in die der betrachter unweigerlich gerät, wenn er versucht, einen standpunkt (eine bezugsperson) in diesem film einzunehmen. ja, solche filme funktionieren wie skulpturen von max bill, der einmal sagte, er mache "werkzeuge für den geist".
filme von lars van trier sind nicht nur lehrreich, sondern auch wunderschön.
nebenbei tun sie auch weh - und unterhalten.
mehr kann ich mir von einem film nicht erwarten.
ich bin ja ein fan von frank millers comics, die zum besten gehören, was in dem genre für geld zu haben ist. ronin, der batman-geniestreich "the dark knight returns", die give me liberty-serie und seine großartige serie sin city gehören zu meinen favoriten.
der film hat mich nur in dem zu erwartenden umfange enttäuscht: er ist schwächer als die knallharten comics, die schon angefangen beim licht über die gnadenlose story immer wieder ein vergnügen sind, ironisch und zynisch.
abgesehen davon ist der film etwas in meinen augen neues: der erste film, bei welchem ein comiczeichner seine art "geschichten zu denken" umsetzen konnte, und dadurch ist "sin city" (der film) etwas revolutionäres. es gab in den letzten jahren wenige filme, die so klar durchkomponierte bilder anzubieten hatten. es gibt in den ganzen 90 minuten (?) kein einziges bild, das keines ist (!). jede kameraeinstellung ist auf wirkung geeicht, die farben und kontraste exaktest aufeinander mit einer detailverliebtheit abgestimmt, dass es schon fast beängstigend ist. eine derartige qualität in der bildopulenz ist bei filmen selten und sonst meist nur bei kubrik, fellini und manchmal bei greenaway zu finden.
insofern sehe ich über die enttäuschung, dass ich die große härte des comics nicht wiederfinde, gerne hinweg: im genre film ist vielleicht gar nicht mehr härte zu erreichen.
z.b. der cop hartigan, der von bruce willis bemüht gegeben wird: in den comics sieht man ihn NIE lächeln, und ich glaube nicht, dass der original-hartigan (im comic) lächeln kann. bruce aber muss natürlich sein bescheuertes grinsen auflegen, weil er gar nicht anders kann... und so long, hartigan.
dennoch ist bruce willis als hartigan gut besetzt, und ich hoffe, frank miller macht noch weitere filme - es täte dem kino gut, wenn mehr comic-zeichner filme drehen würden.