Mittwoch, 21. April 2004
selbstanzeige bilder. es gibt so viele davon, sie strömen aus dem postkasten, sie liegen auf der strasse, sie belästigen uns im fernsehen, sie umgeben uns, wir machen uns welche, wir leben mit ihnen. ich habe in der letzten zeit nach längerer „abstinenz“ wieder viele bilder „gemacht“, habe in etwa zweieinhalb monaten 194 collagen fabriziert und alle online gestellt - und somit einem größeren publikum zugänglich gemacht - und dieser text soll keinesfalls bedeuten, dass dieser fluss gestoppt oder eingedämmt werden soll. ich will auch gar nicht zum „text zurückkehren zuungunsten der collagen“; ich habe nur gestern plötzlich eine unbezähmbare lust gehabt, etwas über meine collagen zu erzählen. ich war dann bei einem freund zu besuch, und dort floss es dann aus mir heraus, ich sprach und sprach und sprach – nicht nur über die collagen, aber eben auch, auch darüber recht viel. die lust zum „darüber reden“ war schon vorher da, und sie ist jetzt auch da. an sich rede bzw. „erkläre“ ich meine collagen nicht gerne… das habe ich in den comments schon irgendwann erwähnt. da ja bilder selbst eine sprache sind, und botschaften transportieren, will ich die chance, dass dieser transfer funktioniert nicht damit verkleinern, dass ich worte als ablenkung und „lesehilfe“ zwischenschiebe. so sehr ich das wort liebe und achte – es taugt nicht als ersatz für die hingabe an ein bild. ein bild spricht deutlich, wenn der betrachter sich dem bild hingibt… und er oder sie hört dort vielleicht auch unangenehmes, oder neues… gerade die worte desjenigen, der das bild gemacht hat (in dem fall ich) sind als beiwerk entbehrlich, zumindest ist das teil meines künstlerischen selbstverständnisses. natürlich gibt es ausnahmen, und ich muss mich manchmal „zurückhalten“, da ich die eigenen bilder selber gerne lese und interpretiere, sind sie doch auch an mich selbst gerichtet. wenn ein bild es nicht einmal schafft, mich zu überraschen und zu irritieren – wie soll es dann mein publikum berühren? – das ist ein weiterer teil meines moralisch-künstlerischen selbstverständnisses. es ist eine ständige selbstprüfung und selbstkritik, die am arbeiten ist. ich bin mir selbst der schärfste und rückhaltloseste kritiker, dessen bin ich mir sicher. warum collagen? zum einen, weil es eine unterschätzte und unterrepräsentierte technik ist. ich habe eine vorliebe für kaum beachtete techniken und themen, so etwa für den bleistift, der eine art könig in der zeichnerei ist, da genügt schon ein hb-bleistift, der alle abstufungen anbietet wie ein klavier, oder der schwarz-weiss-comic ohne collorierung, oder eben die collage, die trotz pop-art, dada und schwitters noch immer in den köpfen vieler menschen als technik für volksschulkinder und insassen von gugging ihren klaren platz hat. da gilt es viel zu tun, für mich. zum anderen, weil es sich so ergeben hat. die collage zieht sich als einer von mehreren „roten fäden“ durch mein künstlerisch-technisches leben, sie taucht immer wieder auf, und sie begleitet mich fast ständig. andere rote fäden sind musikalische denkformen in der malerei, das thema des stillebens, der comic. die aktuellen collagen als projekt sind „ad hoc“ entstanden, sie haben sich plötzlich in meinem leben – hier am weblog – manifestiert, ich habe dabei eher zugesehen, als sogleich zu erkennen, was da beginnt. anfänglich waren die collagen freie improvisationen, und diese freie art der improvisation, ohne zunächst vorhandenes thema, wo sich das thema quasi von selbst ergibt im frei assoziierenden spiel der bilder, diese form kannte ich schon recht gut von früheren manifestationen meiner kunstproduktion. dass dann das publikum die aufforderung, mir „themen“ jeglicher art zukommen zu lassen, aufgriff und auf diese art und weise mitspielt, das ist definitiv neu für mich und eine absolute herausforderung. arbeiten nach „themen“ ist in der bildenden kunst etwas an sich selbstverständliches – jedes gemälde hat ein thema, auch wenn es nicht immer einen titel hat. meist sind die themen eigene, manchmal aufträge. mein anspruch ist bei themen immer, das thema „zu meinem zu machen“, und das ist eine nicht immer einfache sache, aber gerade das ist ja das herausfordernde für mich. das projekt ist in seiner struktur einfach: es werden collagen angefertigt und durchnummeriert. manche sind mit themen versehen, andere mit titeln, sehr viele sind titellos. kommt ein thema von einem weblogbesucher, dann wird das vermerkt. die grösse der collagen beträgt einheitlich 500 mal 500 pixel, jpg, 7fach komprimiert. die collagen müssen aus mindestens 3 (drei) „quellen“ bestehen, also es müssen mehr als zwei bilder sein, die als material dienen. damit ist eine „readymade“-ebene ausgeschlossen, obwohl bestimmt objekte aus quellbildern „in situ“ vorkommen können, aber eben immer in einem kontext von mehreren anderen bildern, die ich gestaltend hinsetzen muss. jegliche andere manipulation ist erlaubt – filterung, skalierung, farb/kontrast/…-veränderungen, maskierungen, duplizierungen, übergänge, reduzierungen, drehungen, usw. usf…. es ist für mich immer wieder interessant zu beobachten, wie das bild von künstlern in der öffentlichkeit ist. „der schriftsteller ist ein ekelhafter kerl,…“ hat heimito von doderer einmal gesagt, und das ist auch beim maler nicht anders. ein maler ist ein schrecklicher mensch, der ganz genau, absichtsvoll geplant und präzise, räsonabel und zu widerkehrenden stunden, arbeitet, und auf dinge zielt, von denen das publkum keine ahnung hat, nämlich auf vorgänge der eigenen geistesmechanik. die eigene mechanik zu schärfen, beim umsetzen der „späteren“ bilder, eine art gymnastik zu betreiben, mithilfe derer dann die mechanismen der umsetzung „in zukunft“ besser werden, ist eine der zentralen vorgänge, die kunst ausmachen. disziplin, verantwortung und wissen um einen selbst - bei ständiger beschreitung der weissen flächen auf der landkarte – das ist es, was mich „an der stange hält“. ich will mehr über mich erfahren, will mehr über meine bilder erfahren und will anderen menschen die möglichkeit geben, sich in meinen bildern teilweise zu finden, sich teilweise zu verlieren. was ich mir zumute, mute ich auch anderen zu – und übernehme dafür die verantwortung. meine collagen sind aber auch eine liebeserklärung an die vielen tausend und abermillionen bilder, die heutzutage so leichtfertig benutzt und kaum mehr beachtet werden. jedes bild, das ich auf eine meiner collagen nehme, umarme ich vorher ausgiebig und herze und küsse es. dann gebe ich ihm eine neue bedeutung, enthebe es quasi seiner herkunft und gebe ihm eine neue. das ist immer ein akt der liebe und zuneigung, niemals eine zynisch-hasserfüllte transaktion ohne kontakt zu den ursprüngen des materials. das wirklich schwierige für mich ist, mich selbst mit meinen collagen zu überraschen; - dass manche meiner betrachter/innen dann mit meinen collagen so vertraut und innig sein können, wie ich es erlebe, gehört zu den täglichen wundern, die das leben einem künstler in so reicher menge bietet. eventuell gibt es unter Kulturberichterstattung mehr davon. |
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