Weil ich einfach nicht anders kann, will ich hier ein paar von den werten Musikbesprechern besprechen und meinerseits über deren Stil kurzerhand die Sinnfrage stellen. Ich tue dies mittels einiger Zitate.
Einen Begnadeten Querulanten nennt Herr Christoph Irrgeher in der "Wiener Zeitung online" Keith Jarrett, der am Sonntag stöhnte, stampfte, grunzte und nörgelte - dass er auch Klavier spielte, wird in der knappen Besprechung beiläufig auch erwähnt: Irgendwo zwischen Skrjabin und Freejazz liegt das, was anfangs brodelt und blubbert: Ein vertracktes Fugato im Bebop-Tempo, mit diffusen Akzenten durchsetzt. "Irgendwo" ist eine schon sehr diffuse Ortsangabe für einen Musikkritiker.
Eine andere interessante Ortsangabe bei Herrn Irrgeher ist die kreative Sackgasse, in die Keith Jarrett seiner Meinung nach hineingelangte. Wie diese aussah (bzw. sich anhörte) wird er wohl auf immer schuldig bleiben.
In der Online-Variante des Kuriers immerhin ist Keith Jarrett ein Kunstgenerator, was irgendwie ein drolliges Bild ergibt und blendend zu einem Musiker passt, der seit gut 20 Jahren jeglicher Elektronik in der Musik den Rücken gekehrt hat. Georg Leyrer hat um einiges besser aufgepasst, vom "Kunstgenerator" einmal abgesehen, den ich für eine Verbalentgleisung halte.
Im modern modernden Massenmedium Die Presse schreibt sich ein gewisser Samir H. Köck um Kopf und Kragen, da wird Erratisch gegrunzt, exzessiv geschnauft, sportlich gestöhnt. Ein Krug geht bekanntlich so lange zum sprichwörtlichen Brunnen, bis er sich übergibt, vorher aber inszeniert er sich als ein Gefäß numinoser Botschaften. In Herrn Köcks Augen (waren die Ohren wirklich offen?) jedenfalls ist Jarrett ein inszeniertes Genie, das den Pöbel alleine verantwortlich macht für sein Scheitern: Ja, ja, das Wiener Publikum hat versagt ... und Herr Köck meint es doch genau umgekehrt ... ein Handy-Signalton zwang sich an Jarretts Ohr: ich habe ihn auch gehört.
Im online nicht ganz so rosa daherkommenden Qualitätsblatt Der Standard beschreibt Ljubisa Tosic den Schönklang des Pathos.
Sie meint, es wird um die phrygische Tonleiter trivial herumfantasiert, da werden spontan kleine Songs ergrübelt, die sich in Kathedralen aus Quartenakkorden auflösen. Und mitunter inszeniert der wie immer unter Schaffensqualen Stöhnende gerne soul-jazzige Grooves. Im Prinzip ja gar nicht so übel, oder? Aber, leider: Das ist Alles aber vor allem eine Art Soundtrack für jene Kopffilme, die sich der Hörer bei geschlossenen Augen erschaffen muss, damit ihm nicht etwas fad wird.
Ich suche bis heute denjenigen, dem im Musikverein bei geöffneten Augen nicht fad wird, denn es gibt wohl wenig langweiligeres als die vielen nackten goldenen Weiber, die dort wie aufgefädelt an den Wänden kleben. Achja: Pianisten sitzen dort ja auch herum und klimpern bisweilen: das ist Kino.
Bashing Ende. Jetzt gehts mir besser. Danke fürs Mit-Nicht-Lesen.